Stellen Sie sich vor, Sie sollen eine Leiter erklimmen. Kriegen Sie das ohne weiteres hin?
(Notieren Sie bitte die Gedanken und Gefühle, die das bei Ihnen spontan auslöst.)
Und stellen Sie sich weiter vor, Sie sollen eine Leiter erklimmen, bei der die untersten drei Sprossen fehlen. Wie sieht es jetzt aus?
Und noch eine dritte Frage: Stellen Sie sich vor, sie sind schon auf Sprosse vier oder fünf der zweiten Leiter. Würden Sie die Leiter bis zum Ende hochsteigen können?
Haben sie alle drei Fragen beantwortet und sich Notizen dazu gemacht? Falls nicht, empfehle ich Ihnen das jetzt noch nachzuholen. Sie werden dadurch in den weiteren Ausführungen tiefere Erkenntnisse haben.
Die erste Frage beant-worten fast alle Befragten mit ja.
Ihre Antwort auf die zweite Frage könnte in etwa so ausgefallen sein: „Das ist ja ungleich schwieriger.“ „Wie soll ich das hinkriegen? Da komm ich ja nie rauf.“ „So ein Mist, warum soll ich denn überhaupt auf diese doofe Leiter rauf?“.
Die dritte Frage hingegen dürften die meisten wieder mit ja beantworten können (wenn nicht Themen wie Höhenangst aufkommen, um die es bei dieser Metapher jetzt aber nicht gehen soll).
Das kleine Mini-Quiz hilft uns, die Situation vieler Schüler im Mathe-unterricht zu verstehen. Ihnen geht es, wie bei Leiter 2. Die untersten
Sprossen der Leiter fehlen und sie haben keine Chance hochzukommen. Die üblichen Reaktionen sind
• aufgeben,
• Mathe doof zu finden oder
• zu hinterfragen, warum man denn überhaupt Mathe lernen soll, wenn man es später doch eigentlich gar nicht braucht.
Die (von Lehrern er-wünschte und oftmals erwartete) Reaktion, alle Kraft zusammenzunehmen und sich irgendwie auf die Leiter hoch zu schwingen, bleibt verständlicherweise meist aus.
Was hat das alles nun mit Mathenachhilfe zu tun?
Viele Nachhilfelehrer orientieren sich am Heftaufschrieb oder Schulbuch. Sie geben sich viel Mühe dem Schüler zu erklären, wie er von Sprosse vier zu Sprosse fünf kommt, aber am Ende der Stunde steht der Schüler immer noch vor der Leiter mit den fehlenden Sprossen und kann mit dem gelernten Wissen nichts anfangen, weil es ihm nicht hilft überhaupt auf die Leiter zu kommen.
Ein guter Nachhilfelehrer gibt dem Schüler die untersten Sprossen der Leiter und macht es dem Schüler so möglich, selbst hinaufzusteigen.
Die untersten Sprossen der Lernleiter
Was sind die untersten Sprossen der Lernleiter?
Zuallererst sind das fehlende Grundlagen aus früheren Schuljahren. Die Schülerin oder der Schüler macht z.B. immer wieder „Leichtsinnsfehler“ beim Lösen von Gleichungen. Tatsächlich kann sie oder er jedoch nicht sicher mit negativen Zahlen rechnen. Erst wenn diese Wissens-lücken erkannt und aufgearbeitet sind, hören die „Leichtsinnsfehler“ auf.
Dann gibt es da noch die Schwierigkeit im Umgang mit den unsichtbaren Zeichen in der Mathematik. Da fehlen Klammern, Rechenzeichen, Nullen, Einsen oder Zweien (z.B. auf dem Balkon der
Quadratwurzel), die dann plötzlich beim Rechnen auftauchen und wichtig sind.
Oft ist aber auch einfach nur der Einstieg ins Thema zu schnell. „Triviale“ Sach-verhalte werden nur am Rande erwähnt, sind aber notwendig für das Verständnis des neuen Unterrichtsstoffs. Im Schul-unterricht ist oft nicht genug Zeit oder Ruhe, um die Randbemerkung abzu-speichern. In einer guten Nachhilfe unterstützt der Lehrer mit Vorübungen oder Exkursen das Speichern und Verfügbarmachen solcher wichtigen „Kleinigkeiten“.